Kindergruppe

 

Konzept


Rückblick

Wir haben unsere Eltern-Kind-Gruppe 1988 gegründet.
Seit 1990 wird die Gruppe von der Stadt Bremen gefördert, so dass wir eine Gruppenleiterin fest einstellen konnten. Die Gruppenleitung wird durch eine Zweitkraft (Sozialassistentin) und eine Praktikantin unterstützt. Außerdem haben wir eine Springkraft zur Vertretung im Team.
Elterndienste sind in Ausnahmefällen bei extremen personellen Engpässen (z.B. Krankheit mehrerer pädagogischer Mitarbeiterinnen) notwendig. Die Eltern übernehmen organisatorische Aufgaben und sind am Gruppenprozess aktiv beteiligt. Vorstandsaufgaben fallen nicht an. Diese werden von der Geschäftsstelle unsere Verbandes übernommen.

1995 erfolgte der Umzug der Kindergruppe in unser heutiges Kinderhaus in der Valckenburghstraße. Das neue Haus eröffnete uns vielfältige neue Möglichkeiten. Es gibt viel Platz zum Spielen und Toben, drinnen und draußen. Das Kinderhaus wird auch von unserem Projekt "afroDeutsch" genutzt. Die Sommerfeste unseres Verbandes finden auf dem Gelände statt.

Inzwischen sind die Mädchen und Jungen der "1. Generation" schon erwachsen. Etliche "Ehemalige" sind nach wie vor in unserem Verband aktiv, andere haben wir aus den Augen verloren. Vielfach bestehen jedoch noch private Kontakte und unsere Veranstaltungen bieten die Gelegenheit, sich mal wieder zu treffen und Erinnerungen über die gemeinsame Kindergruppenzeit auszutauschen.

 

Erziehungsziele

Interkulturelle Erziehung fördert die kulturelle Identität aller Kinder und stärkt gleichzeitig die Toleranz und den Respekt gegenüber dem Anderen, Unbe-kannten oder Ungewohnten. Sie unterstützt das Interesse und die Neugier, das Bedürfnis der Kinder nach Kommunikation und gemeinsamer Ausein-andersetzung über kulturelle und nationale Grenzen hinweg. Kulturelle Unterschiede sollen keine unüberwindlichen Mauern, sondern Türen in neue Welten sein. Für die Persönlichkeit des einzelnen Kindes heißt das, dass Offenheit, eine stabile Identität, Konfliktfähigkeit, Empathie ebenso wie die Fähigkeit zum Perspektivwechsel entwickelt werden müssen.

Eine neue Welt, die sich öffnet für die Kinder, die unsere Einrichtung besuchen, ist die Begegnung mit Gleichaltrigen. Ein Kind, dass mit ca. fünfzehn Monaten in eine Kindergruppe kommt, sammelt hier seine ersten regelmäßigen Erfahrungen außerhalb der Familie. Unsere Aufgabe ist es, die Kinder in diesem wichtigen Lebensabschnitt zu begleiten. Dabei sind drei Entwicklungsstufen von Bedeutung:
Zuerst sollen die Kinder Vertrauen zu anderen Erwachsenen fassen: zu den Erzieherinnen und anderen Betreuungspersonen sowie zu den Eltern und Verwandten anderer Kinder.
In der nächsten Phase entdeckt das Kind sich selbst. Hier sind wir gefordert, das Selbstvertrauen des Kindes zu stärken: körperlich, seelisch und geistig.
Schließlich ist es unser Anliegen, bei den Kindern ein Gruppengefühl zu entwickeln. Das ist der spannendste Teil, in dem wir nicht nur beobachten können, wie jedes Kind sich individuell entwickelt, sondern auch, wie sich die Kinder in der Gruppe zueinander verhalten.
Die Kinder verlassen unsere Gruppe mit spätestens vier Jahren. Ein Bewusstsein der eigenen kulturellen Identität entwickeln Kinder im Allge-meinen erst später. Und doch ist es wichtig, ihnen schon von klein auf zu vermitteln: Kinder sind verschieden und dürfen verschieden sein. Und so, wie du bist, bist du uns willkommen. Hierin liegt sicherlich das Besondere einer Kindergruppe, die vor allem Kinder aus binationalen Familien aufnimmt: Verschiedensein ist normal.

Manche mögen einwenden, dass wir damit eine Art "Ghettoisierung" betreiben, die es den Kindern später schwer macht, mit der realen Situation zurecht zu kommen. Tatsächlich ist unsere Kindergruppe quasi eine kleine Insel, auf der sich die Kinder entfalten können, ohne als Minderheit aufzufallen oder gar diskriminiert zu werden.

Wir meinen, dass gerade darin eine Chance besteht, das Selbstwertgefühl der Kinder zu stärken und ihnen somit eine gute Basis für ihre weitere Entwicklung zu geben.

   

Kulturelle Vielfalt

Sicherlich unterscheidet sich der Tagesablauf in unserer Kindergruppe nicht wesentlich von anderen Einrichtungen. Wo findet also bei uns das inter-kulturelle Lernen statt?
Wichtig sind dabei für uns zwei Begriffe: Authentizität und Alltäglichkeit. Die folgenden Beispiele sollen dies verdeutlichen:

  • Unser Team ist international. Bei der Auswahl unserer MitarbeiterInnen legen wir Wert darauf, dass sie Kenntnisse und Erfahrungen mitbringen, was das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft betrifft, und Interesse an interkultureller und antirassistischer Arbeit haben. Sie sollten die persönliche Fähigkeit besitzen, selbstreflexiv und tolerant mit dem "Eigenen" und dem "Fremden" umzugehen, sich mit Vorurteilen und Klischees auseinander zu setzen, und sich in dieser Hinsicht weiter qualifizieren. (Interkulturelle Kompetenz)
  • Sprachenvielfalt: Deutsch ist bei uns sozusagen die "Amtssprache", da es von allen verstanden wird. Aber in einer Gruppe von Kindern, deren Eltern und Betreuerinnen aus verschiedenen Ländern stammen, werden natürlich mehrere Sprachen gesprochen. Manche Kinder, die unsere Einrichtung besuchen, wachsen in ihrer Familie mehrsprachig auf, andere wiederum nicht. Wir haben dabei die Erfahrung gemacht, dass es bedeutsam ist, welche Akzeptanz die Sprache des nicht-deutschen Elternteils in einer binationalen Familie erfährt. Wenn die andere Sprache als gleichwertig betrachtet wird und bei der Erziehung der Kinder eine wichtige Rolle spielt, gewinnen auch die Kinder einen positiven Bezug zu dieser Sprache und Kultur. Die verschiedenen Sprachen sind dann auch im Gruppenalltag präsent und werden von uns gefördert, indem wir die Kinder in ihrem Können bestärken und ermutigen. Dies geschieht z.B. bei der täglichen Begrüßung, bei den Mahlzeiten, bei Spielen und Liedern.
    Unser Ziel ist es, eine positive Atmosphäre für vielseitigen Spracherwerb zu schaffen und zu erreichen, dass alle Kinder eine Offenheit für sprachliche Vielfalt entwickeln.
  • Internationale Küche: Die Mahlzeiten werden von den Eltern selbst zubereitet. Darin liegt die Chance verschiedene Esskulturen kennen zu lernen. Weil Mütter und Väter "ihre" Gerichte regelmäßig kochen, werden sie den Kindern vertraut. Das Thema "Essen" kann zudem als Brücke dienen, sich innerhalb der Gruppe näher zu kommen und mehr übereinander zu erfahren.
  • Feste feiern: Wir feiern gemeinsam mit Kindern und Eltern die hier üblichen Feste wie Weihnachten und Ostern, gehen Laterne laufen usw., denn diese Anlässe haben für alle Kinder, die hier aufwachsen, ihre Bedeutung. Gerne greifen wir auch Feste anderer Kulturen auf, sind dabei aber auf das Interesse und die Mitwirkung der Eltern angewiesen. Am Anfang jedes Kindergruppenjahres stellen wir mit den Eltern einen "Festkalender" zusammen.
  • Bücher & andere Materialien: Bücher sind auch für kleine Kinder wichtig. Durch Bilderbücher und Geschichten wird ihre Phantasie angeregt. Sie können sich selbst und ihren Alltag darin wiederfinden oder andere Menschen und deren Leben kennen lernen. Sie können sehen und hören, welche Konflikte es zwischen Menschen gibt und wie man sie lösen kann - oder wie es nicht geht. Sie können aus und mit Büchern etwas lernen, und genauso können sie mit ihnen einfach ihren Spaß haben.

    Leider ist es auch heute noch in den meisten Bilderbüchern "normal", dass nur Menschen mit weißer Hautfarbe abgebildet sind und die Geschichten ausschließlich von weißen Kindern handeln. Bilderbücher, die dem Leben in einer multikulturellen Gesellschaft gerecht werden, sind immer noch rar. Binationale Kinder und Kinder aus Einwanderer-familien kommen in den Abbildungen und als ProtagonistInnen kaum vor.
    Bilderbücher über Menschen in anderen Ländern sind für die inter-kulturelle Erziehung zwar interessant und wichtig, sie können aber diesen Mangel nicht wirklich beheben. Sie haben mit dem Alltag der Kinder in Deutschland wenig zu tun und reduzieren sie auf ihr vermeintliches Herkunftsland oder auf das der Eltern bzw. eines Eltern-teils.

    Das oben beschriebene Defizit gilt im übrigen auch für andere Materialien und Spielsachen für (kleine) Kinder. Ob Spiele oder Spielfiguren, Puzzles, Puppen oder Poster..., die kulturelle und ethnische Vielfalt der Kinder, die in diesem Land leben und Einrich-tungen für Kinder besuchen, spiegeln sie nicht wieder.

    Für den Alltag in unserer Kindergruppe heißt das, dass wir uns immer wieder auf die Suche machen (müssen) nach Büchern und Materialien, die dazu beitragen, dass sich alle Kinder und ihre Familien in unserer Einrichtung angenommen und vertreten fühlen. Die Materialausstattung und Raumgestaltung unseres Kinderhauses sollen die Prinzipien der Repräsentanz und Wertschätzung reflektieren, da dies eine außer-ordentlich wichtige Rolle für die kindliche Identitätsentwicklung spielt. Einrichtungsgegenstände, Fotos, Musikinstrumente, Kleidungsstücke, Liederkassetten etc., die aus den Herkunftsländern der Eltern stammen, sind uns dabei sehr willkommen und werden zu einem selbstverständlichen Teil unserer Arbeit. Denn wir möchten den Kindern, die wir betreuen, das Gefühl vermitteln: Es macht Spaß, etwas Neues zu entdecken.


     

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